Ö1 Radiodoktor – Medizin und Gesundheit

Sendung vom 30. Juli 2020

Flüssigkeitsstau im Körper – neue therapeutische Strategien bei Ödemen

Neben den Arterien und Venen, die das Blut durch den Körper transportieren, gibt es noch ein weiteres, sehr zartes Gefäßsystem für die Gewebsflüssigkeit: Durch die Lymphbahnen strömen pro Tag rund zwei Liter Lymphe, in denen Zellreste, Viren oder Bakterien befördert und letztendlich entsorgt werden. Wie immunologische Kläranlagen sorgen die eingebetteten Lymphknoten für eine Reinigung, bevor das System im Blutkreislauf mündet.

Ein Ödem macht keinen schlanken Fuß

Nicht verwunderlich, dass es bei Blockierungen dieses Kanalsystems oder einer zu großen Menge an Gewebswasser zu einem Rückstau und damit einer Ansammlung von Flüssigkeit kommt. Dieser Lymphstau wird als Ödem bezeichnet, das sich meist an geschwollenen Armen und Beinen zeigt. Für ein Lymphödem sind meist vorangegangene Krebsoperationen verantwortlich, bei denen Lymphknoten entfernt wurden und damit das ungehinderte Abfließen der Lymphe gestört ist.
Verläuft dieser Flüssigkeitsstau anfangs oft noch unbemerkt, kommt es bald zu deutlich sichtbaren Schwellungen, die sich zunehmend verhärten und Betroffenen das Leben im wahrsten Sinn des Wortes schwer machen. Dem schlimmsten Stadium 3 wurde, aufgrund der unförmigen und massiv geschwollenen Gliedmaßen, der Name Elefantiasis gegeben. Die despektierliche Bezeichnung sollte, so der Internist Christian Ure von der Lymphklinik Wolfsberg, jedoch nicht verwendet werden. Stattdessen sollte von einem deformierenden Stadium gesprochen werden.

Viele Wege führen zum Stau

Die Ursachen für Ansammlungen von Flüssigkeit im Gewebe sind vielfältig und sollten diagnostisch abgeklärt werden: So muss eine Herzinsuffizienz oder eine Nierenschädigung ausgeschlossen, die Venensituation abgeklärt und auf entzündliche Prozesse im Lymphsystem geachtet werden. Eine besondere Form stellt das Lipödem dar, wo es zu einer pathologischen Vermehrung von Fettzellen kommt (sog. Reiterhosensyndrom), begleitet von Entzündungsschmerzen und Wassereinlagerungen. Diese genetisch bedingte und hormonell getriggerte Störung ist für die meist betroffenen Frauen nicht nur kosmetisch störend, sondern auch mit erheblichen Beschwerden verbunden. Letzter Ausweg bleibt hier einzig die plastische Chirurgie, bzw. die Liposuktion, also die Fettabsaugung.

Neue diagnostische Möglichkeiten

Diagnostisch lassen sich, aufgrund der Lokalisation und des Aussehens, mehrere Formen der Ödeme unterscheiden. Mittels Indocyanin-Grün-Floureszenz-Lymphografie kann man die Lymphgefäße sogar sichtbar machen.

Bewährte und neue Therapiestrategien

Als Goldstandard in der Behandlung gilt die sogenannte “Komplexe Physikalische Entstauungstherapie” (KPE). Diese umfasst die manuelle Lymphdrainage, eine Kompressionsbehandlung mit Bandagen, die Entstauungs-Gymnastik und Hautpflege. Zudem lassen sich mit modernen mikrochirurgischen Eingriffen die Lymphbahnen wieder durchgängig machen, etwa durch eine lymphovenöse Anostomose. Dabei werden Lymphgefäße an kleine Venen angeschlossen werden. Man kann auch Lymphknoten von einer anderen Körperstelle transplantieren.
Das Leiden ist keineswegs selten, Rund 200.000 Personen sind alleine in Österreich von einer mehr oder minder starken Form des Lymphödems betroffen. Die Kosten vieler Behandlungen werden von den Krankenkassen allerdings oft nur sehr zögerlich übernommen, wie die Heilmasseurin Elisabeth Kleinpaul von der Österreichischen Lympliga bedauernd feststellt.
Dennoch gibt es zahlreiche Anlaufstellen, an die sich die Erkrankten wenden können, um mit den überaus belastenden Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe zurechtzukommen.

Eine Sendung von Dr. Christoph Leprich und Dr. Ronny Tekal

Studiogäste im FH Wien:

Elisabteh Kleinpaul
Freiberufliche Heilmasseurin
Landesstellenleiterin Wien der Österreischischen Lymphliga
Schloßpark Fortuna
Khleslplatz 6, 3. Stock, K 301
A-1120 Wien
Tel. +43 699 10913861
office@kreuzweh.at
www.kreuzweh.at

Sendungsgast am Telefon:

Prim. Dr. Christian Ure
Vorstand der Lymphklinik Wolfsberg
Landeskrankenhaus Wolfsberg
Paul-Hackhofer-Str. 9
9400 Wolfsberg
Tel.: +43 (0) 4352 533 – 76903
sekretariatlymph@lkh-wo.at
www.lkh-wo.at
www.oegdv.at

 


Sendung vom 22. Juni 2017

Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz spricht mit seinen Gästen über alte und neue Therapieansätze beim Lymphödem und er geht der Frage nach, warum man als Patient im Jahr 2017 noch immer ziemlich tief in die Tasche greifen muss.

Lymphödeme – Betroffene nach wie vor stark Unterversorgt

Rund 200.000 Menschen in Österreich sind von einem Lymphödem betroffen. Dabei ist das Lymphgefäßsystem, das den ganzen Körper durchzieht, an einer oder mehreren Stellen beschädigt. Die dadurch bedingten Schwellungen ganzer Körperteile können groteske Ausmaße annehmen. Entsprechend hoch kann der Leidensdruck sein.

Primäres Lymphödem

Bei zehn Prozent der Patientinnen ist die Krankheit angeboren. In diesem Fall existieren zu wenige richtig angelegte Lymphgefäße, bzw. funktionieren diese nicht – man spricht dann von einem primären Lymphödem.

Sekundäres Lymphödem

90 Prozent hingegen weisen ein sekundäres Lymphödem aus. Ursachen für diese erworbene Lymphgefäßschädigung sind unter anderem Unfälle, Rotlauf, Strahlentherapie und Operationen. Am häufigsten entstehen Lymphödeme nach einer Brustkrebs-Operation. Ähnlich hoch ist das Risiko aber auch nach der Behandlung von Tumoren im Kopf-Hals-Bereich bzw. von Krebserkrankungen in der Beckenregion (Prostata, Hoden, Eierstöcke, Blasen, Darm etc.) Werden in diesen Arealen mehrere zentrale Lymphknoten entfernt oder geschädigt, kann die Lymphflüssigkeit aus dem betroffenen Gewebe nicht mehr abtransportiert werden.
Lymphödeme treten in unterschiedlichen Schweregraden auf: von geringen Schwellungen, die über Nacht wieder verschwinden, bis hin zu sehr schmerzhaften Deformierung ganzer Körperteile mit fallweise riesigen Schwellungen (Stichwort Elephantiasis).

Therapie: Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Zusätzlich kann es in fortgeschrittenen Stadien zur Verhärtung bzw. Verhornung der Haut kommen. Wird mit den Therapiemaßnahmen nicht rechtzeitig begonnen und werden diese nicht kontinuierlich durchgeführt, verschlechtert sich das Krankheitsbild automatisch. Allerdings ist das Lymphödem an sich gut behandelbar. Der Goldstandard ist die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE). Dazu zählen manuelle Lymphdrainage, Kompressionsbehandlung mit Bandagen, Entstauungsgymnastik und Hautpflege. Regelmäßig durchgeführt, kann man Lymphödeme damit zwar nicht heilen, aber die Schwellungen um einiges verkleinern. Vorausgesetzt man kann sich die Therapie leisten.

Chirurgische Strategien

Denn von den Krankenkassen wird nach wie vor nur ein Bruchteil der Kosten ersetzt. Überdies gibt es in Österreich viel zu wenige ausgebildete Lymphtherapeuten. Und für die schweren Fälle, die eine stationäre Therapie benötigen, existieren gerade einmal zwei Zentren (in Wolfsberg und Walchsee). Zusätzlich zur KPE versucht man seit Kurzem auch chirurgische Strategien für die Behandlung von Lymphödemen zu entwickeln. In Frankreich wurden bereits vor 20 Jahren erfolgreiche operative Eingriffe durchgeführt – hierzulande ist bislang nur Sendungsgast Dr. Klaus Schrögendorfer auf dieses Gebiet spezialisiert. Er transplantiert Gewebeteile, die Lymphknoten, Arterien und Venen enthalten, an die geschädigten Stellen.

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
Redaktion: Dr. Christoph Leprich
Eine Sendung von Mag.a Nora Kirchschlager.

Studiogäste im FH Wien:

Helmut Markus
Heilmasseur mit Schwerpunkt manuelle Lymphtherapie
selbst nach einer Krebsoperation von einem Lymphödem betroffen
Landesstellenleiter der Lymph-Liga Niederösterreich
An der Königswiese 8/B/14
2340 Mödling
+43/660/76 36 201
helmut_markus@yahoo.de
ÖLL-Landesstelle Niederösterreich

Ass.-Prof. Dr. Klaus F. Schrögendorfer
Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie
Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Wien, AKH
Klinische Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie
Spezialisierung im Bereich Lymphödemchirurgie
+43/1/40400/69060
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien
info@plastische.at
Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie

Gast im ORF Landesstudio Kärnten:

Prim. Dr. Christian Ure
Vorstand der Lymphklinik Wolfsberg
Landeskrankenhaus Wolfsberg
Paul-Hackhofer-Str. 9
9400 Wolfsberg
+43/4352/533/76903
sekretariatlymph@lkh-wo.at
Lymphklinik Wolfsberg